Diesmal hat die SPÖ Österreich wieder einmal zur Lachnummer in Europa gemacht. Das Strache- Interview, der Kurzskandal, die Bundespräsidenten-Wahlwiederholung etc. seien hier als weitere Beispiele erwähnt.

Nun kurz zur Vorgeschichte: die Vorsitzende der SPÖ war bis vor einigen Tagen Pamela Rendi-Wagner. Sie wurde 2018, als erste Frau, zur Vorsitzenden der Sozialdemokratie gewählt, als Nachfolgerin von Christian Kern nach dessen überraschendem und chaotischem Rücktritt. Sie machte eine unauffällige, engagierte Politik mit Schwerpunktsetzung Soziales. Allerdings nicht unumstritten in manchen Parteikreisen, vor allem wegen fehlender Wahlerfolge und begleitet von Attacken diverser Männercliquen. Logische Folge war eine Vertrauensabstimmung unter den Mitgliedern, die sie 2020 gewann.

Parteiintern war sie immer wieder mit Querschüssen aus der burgenländischen SPÖ unter Doskozil konfrontiert. Dieser öffentlich vom Landeshauptmann des Burgenlandes ausgetragene Konflikt um die Linie der Partei trug auch wesentlich zum schlechten Abschneiden bei Wahlen bei. Doskozil griff die Vorsitzende an, ohne allerdings die Vorsitzfrage zu stellen.

Rendi-Wagner forderte ihn schließlich auf, sich zu deklarieren oder die Querschüsse zu beenden. Daraufhin erst erklärte Doskozil, der offenbar nach dem Kärntner Wahldebakel den Zeitpunkt für richtig hielt, für den Parteivorsitz zur Verfügung zu stehen. Der Parteivorstand beschloss eine Mitgliederbefragung unter den ca. 140.000 Mitgliedern vom 24. April bis zum 10.Mai 2023. Die Vorbereitung war chaotisch – ohne genaue Voraussetzungen für eventuelle Kandidaten. Schließlich meldeten sich ca. 70 Kandidaten, darunter einige Spaßvögel. Irgendwie blieben schließlich drei Kandidaten übrig: Rendi-Wagner, Doskozil und der Bürgermeister von Traiskirchen in Niederösterreich, Andreas Babler. Die Kampagne zum Mitgliedervotum brachte der Partei etwa 10.000 neue Mitglieder, überwiegend junge Bableranhänger. Babler war Kandidat der SP-Linken.

Das Ergebnis war äußerst knapp. Doskozil gewann die Abstimmung, Babler wurde Zweiter und Wagner Dritte (33,7%, 31,5% und 31,5%). Damit sollte man meinen, wäre die Sache erledigt. Rendi-Wagner zog sich aus der Politik zurück. Doch Babler verlangte eine zweite Mitgliederbefragung. Sein Argument: ein Kandidat sollte mit absoluter Mehrheit das Vertrauen der Mitglieder genießen. Der Vorschlag wurde vom Vorstand abgelehnt. Der Vorsitzende sollte auf dem außerordentlichen Parteitag am 3. Juni in Linz von 609 Delegierten gewählt werden. Die Wahlkommission (11 Mitglieder!) gab bekannt, dass Doskozil zum Vorsitzenden gewählt wurde (eigentlich 316 zu 279 für Babler). Das Kuriosum: es wurde nur einmal ausgezählt!

Nur durch die Nachfrage eines aufmerksamen Journalisten an die Adresse der Vorsitzenden der Wahlkommission wegen fehlender Stimmen entdeckte sie die Vertauschung der Stimmen, angeblich wegen eines Eingabefehlers in eine Exceltabelle!? Ein Schelm, wer anderes vermutet. Die Vorsitzende der Kommission war eine Doskozil-Vertraute und hatte einen Rendi-Wagner-Anhänger ersetzt. Sie trat danach zurück. Am 6. Juni wurde nun Andreas Babler zum Vorsitzenden der SPÖ gekürt, mit dem genau umgekehrten Ergebnis.

Doskozil wird dem rechten Flügel der SPÖ zugerechnet, vor allem aufgrund seiner Emigrantenpolitik. Allerdings setzte er im Burgenland sozialstaatliche Maßnahmen, die ihn von Babler kaum unterscheiden: Gratiskindergarten, hoher Mindestlohn für Landesbedienstete, soziale Wohnbaumaßnahmen etc. Auch schloss er eine Koalition mit FPÖ und ÖVP aus.

Babler gilt als Kandidat der Linken, der bis vor kurzem kaum der Öffentlichkeit bekannt war. Er ist Bürgermeister von Traiskirchen. Dort befindet sich eines der größten Flüchtlingslager in Österreich. Er verfolgt eine äußerst migrantenfreundliche Politik, die er auch zu kommunizieren weiß. Bei der letzten Stadtwahl erhielt die SPÖ 70% der Stimmen.

Schwerpunkte seines Programms sind eine Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Arbeitszeitverkürzung und der Ausbau des Sozialstaates. Er war Mitglied der Solidarwerkstatt Linz, einer EU-kritischen Friedensorganisation und der Sozialistischen Jugend. Vor seiner Wahl tätigte er eine Reihe friedenspolitscher Aussagen. Er trat gegen eine EU-Armee auf, plädierte für die Abschaffung des Bundesheeres, für Neutralität und gegen die Beteiligung Österreichs an diversen Militäroperationen. In einem kurz vor der Wahl bewusst von seinen Gegnern veröffentlichten Interview, das Jahre zurück liegt, bezeichnete er die EU als imperialistisches, gefährliches Gebilde.

Diese Aussage schwächte er im ORF ab. Auf die Frage, ob er Marxist sei, lavierte er herum, nachdem er sich vor einiger Zeit als Marxist bezeichnet hatte. Nach der Wahl lehnte er eine EU-Armee nicht mehr kategorisch ab. Auch einen Krieg der EU ohne UN-Mandat könne er sich vorstellen. Das trug ihm einen Rüffel der konservativen Heeresministerin ein (verkehrte Welt). So viel zur Prinzipientreue von Linkssozialisten. Viele seiner Anhänger dürften ob dieser Aussagen enttäuscht sein.

Babler hat versucht mit seinem neuen Team die verschiedenen Lager in die Partei zu integrieren. Ob ihm das gelingen wird, wird die Zukunft zeigen. Die Wahl eines `Marxisten´ hat bereits zu einigen prominenten Parteiaustritten geführt.

Von den beiden großen rechten Parteien ÖVP und FPÖ wird die SPÖ wahrscheinlich wenig Stimmen zugewinnen können. Kleinbürgerliches Besitzstandsdenken verträgt sich nicht mit Erbschafts- und Vermögenssteuer. Das wird sicher medial ausgeschlachtet werden. Eher wird die Partei im grünen und linken Spektrum dazugewinnen.