Nach 14 Jahren Tory-Herrschaft und vier Premierministern, die einen Sparkurs durchsetzten, kam Labour im Juli 2024 mit sehr großer Mehrheit an die Regierung zurück. Die Tories befanden sich mehrere Jahre in einer Krise. Gegen Ende waren sie in vielleicht ein Dutzend verschiedene Fraktionen oder Cliquen zersplittert um jeweils eine Person, die sich verzweifelt bemühte, Parteiführer zu werden. Jede von ihnen versuchte, noch weiter rechts als die anderen zu erscheinen, um auf die Parteimitglieder Eindruck zu machen.

Der NHS (Nationaler Gesundheitsdienst) befand sich in der Krise. Die Menschen mussten warten, bis sie für eine geplante Operation oder einen Notfall ins Krankenhaus konnten. Das Eisenbahnnetz litt unter Verspätungen und dem Ausfall ganzer Züge. Eine Anzahl der privatisierten Gesellschaften wurden renationalisiert, um den Service zu verbessern. Es haperte am Bau neuer Wohnungen, wobei die Baukosten sehr hoch waren. Ein Drittel der Kinder leben in Armut. Die Tories hatten die finanzielle Unterstützung, die jede Familie für jedes Kind erhielt, auf zwei Kinder pro Familie beschränkt. Für alle weiteren Kinder gab es keine Unterstützung mehr.

Die neue Labour-Regierung kündigte eine ganze Reihe von Einschnitten im Sozialbereich an: Die Behinderten wurden getroffen von der Streichung der Unterstützung; die von den Tories eingeführte Begrenzung des Kindergeldes auf zwei Kinder pro Familie wurde beibehalten. Die „Winter Fuel Allowance“ (um die Rechnungen für Gas und/oder Strom bezahlen zu können und es warm zu haben) sollten zukünftig nur noch Rentner mit der niedrigsten gesetzlichen Rente erhalten. Diejenigen, die etwas mehr bekommen, z.B. aus einer weiteren Rente, sollten diese Winterhilfe nicht mehr erhalten. Diese Maßnahme verursachte sehr viel Ärger, nicht nur bei denjenigen, die diese Beihilfe bis jetzt erhielten, sondern auch bei Parlamentsabgeordneten von Labour und zahlreichen Parteimitgliedern. Viele Menschen mussten sich also entscheiden, ob sie es warm haben wollten oder genug zu essen haben. Im Moment schaut es so aus, als ob die „Winter Fuel Allowance“ in Zukunft wieder eingeführt wird. Möglicherweise wird das Kindergeld für ein drittes Kind gewährt. Labour-Abgeordnete sind wütend auf diese Politik. Sie tun ihre Meinung kund und sind bereit, dagegen aufzustehen.

 

Bei den Kommunalwahlen im Mai 2025, die in einigen Teilen des Landes stattfanden, - nicht überall -, schnitten sowohl Labour als auch die Tories sehr schlecht ab. Es standen Stadträte, Kreisräte und Bürgermeister zur Wahl. Reform UK, die populistische Partei, die ursprünglich von Nigel Farrage geführt wurde, dem früheren Führer der Brexit Party und ähnlicher Organisationen, erhielt 30% der abgegebenen Stimmen. Sie kontrolliert jetzt zehn County Councils und stellt zwei Bürgermeister. Die Tories erzielten das schlechteste Ergebnis, das sie jemals hatten. Sie gewannen nur 17%, während Labour 22% erhielt, die Liberaldemokraten 15% und die Grünen 10%. Die beiden letzteren Parteien erhielten Stimmen von unzufriedenen Labour-Wählern.

Es herrscht große Unzufriedenheit unter Labour-Abgeordneten; nicht nur unter Linken, die es geschafft haben, die Säuberungsaktionen durch Starmers Apparat zu überstehen oder die suspendiert wurden wegen ihres Kampfes gegen Starmers Politik im Hinblick auf den Krieg in Gaza (ursprünglich unterstützte er Israels Blockade von Energie und Wasser nach Gaza, aber später änderte er seinen Standpunkt). Bei den Parlamentswahlen vertraten einige Kandidaten Labours eine andere Position als die Parteilinie und wurden infolge dessen wegen der Gaza-Frage gewählt. Einige Labour-Abgeordnete, die die Palästinenser unterstützen, wurden wiedergewählt, sogar der ausgeschlossene Jeremy Corbyn, der beliebt bleibt. John McDonald, der Corbyn nahesteht, ist immer noch von der Partei suspendiert. Er fordert Starmer heraus.

Die 2024 gewählten Abgeordneten von Labour sind vielfach unzufrieden mit Starmers Kurs. Die Ergebnisse der Kommunalwahlen 2025 und die Meinungen, die von Wählern während des Wahlkampfs geäußert wurden, zeigen ihnen, dass sie das nächste Mal nicht wiedergewählt werden. Angela Rayner, die gewählte stellvertretende Parteivorsitzende von Labour, machte ein Memo an die Finanzministerin Rachel Reeves publik, in welchem sie eine Steuer für Bankprofite verlangt. Ihre Auffassung wurde zwar zurückgewiesen, aber es wurde der Verdacht geäußert, das sei ein Schritt in die Richtung, dass sie Starmer ablösen wolle.

Starmer machte nicht nur Einschnitte im Sozialbereich; er hat Auslandshilfen gekürzt, die Rüstungsausgaben aber erhöht. Er erzeugt eine Stimmung, als ob in naher Zukunft ein Krieg mit Russland anstehe. Er hat einen Kreis von sehr weit rechts stehenden Leuten um sich, noch rechter als die Ex-Blair-Anhänger um ihn. Während Blair nur den Einfluss der Gewerkschaften minimieren wollte, um Labour in eine Partei der Mitte verwandeln, scheinen einige von denen, die mit Starmer verbunden sind, zu wollen, dass Labour sich in einen Ersatz für die Tory Party verwandelt.

 

m.j. (5/6/25)